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Wahre und falsche Zufluchten

Die Zuflucht zu den drei Juwelen ist das, wodurch man Buddhistin oder Buddhist wird. Es ist wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, dass mit Zufluchtnahme keine Ausflucht und Lebensvermeidung gemeint sind, sondern dass man die Drei Juwelen in den Mittelpunkt seines Lebens stellt. Irgendetwas stellt jeder Mensch in den Mittelpunkt. Für den einen ist es ein anderer Mensch, für die andere bestimmte Dinge oder Ideen, für manche Reichtum oder Macht und für wieder andere Hoffnungen oder Befürchtungen.

Zufluchtnehmen ist eine Grundtatsache menschlichen Verhaltens. Als Menschen können wir gar nicht anders, als unser Leben auf irgendetwas auszurichten, in dem wir Sinn und Bedeutung, Sicherheit oder Zugehörigkeit zu finden hoffen. Unsere Zufluchten sind gewissermaßen die Prioritäten, an denen wir unser Leben ausrichten. Sie sind das, was wir für wesentlich und unverzichtbar halten. Das wirft die Frage auf, woran wir denn eigentlich feststellen können, ob unsere höchsten Prioritäten auch im Einklang mit der Wirklichkeit stehen. Denn es dürfte offensichtlich sein, dass wir mittel- oder langfristig unglücklich werden, wenn wir Dinge oder Erfahrungen anstreben, die nicht realisierbar sind. Wer das tut, baut sein Leben auf Sand.

Manche Menschen nehmen Zuflucht zu Familie, Partnern oder Kindern. Sie suchen in ihnen die Quellen iher Zufriedenheit und Geborgenheit, vielleicht auch eine langfristige Absicherung vor den Unsicherheiten des Alters. Andere nehmen Zuflucht zu Beruf und Karriere. Die erreichte Position, vielleicht der Titel oder das damit verbundene Ansehen in der Gesellschaft geben ihnen ein Gefühl von Sicherheit. Dadurch wissen sie, wer sie sind und wo sie stehen. Oder sie nehmen Zuflucht zu materiellem Besitz und finanziellen Möglichkeiten. Für die einen dient das Auto als Identitätsmerkmal, für andere Haus und Wohnung oder auch ihre Reisen in alle Welt. Wieder andere nehmen Zuflucht zu ihrer Hoffnung auf Erleuchtung oder der Zugehörigkeit zur buddhistischen ‚Kirche’.

Alle diese Zufluchten, auch die zuletzt genannten, bieten keine wirkliche Sicherheit. Sie sind allesamt dem Wandel unterworfen. Familienangehörige können erkranken und sterben. Der geliebte Partner kann uns verlassen. Wir können den Job verlieren oder durch Krankheit und Stress unfähig werden, unsere Position zu halten. Das Auto wird vielleicht gestohlen oder beschädigt; auf jeden Fall wird es, wie alles andere, irgendwann seinen Dienst aufgeben und unbrauchbar werden. Unsere Hoffnungen an die Zukunft zu hängen, verstellt den Blick für die Fülle des Lebens jetzt, und das sklavische Festhalten an religiösen Riten macht spirituelle Praxis zum Kult.

Natürlich bedeutet das nicht, dass man auf all diese Dinge verzichten müsste. Nur ist es äußerst riskant — ja letztlich vergeblich — sie ins Zentrum des Lebens zu stellen. Selbst ein kostbares Gut wie Gesundheit kann keine letzte Zuflucht bieten. Irgendwann werden wir doch krank. Zumindest werden wir älter und schwächer. Und wir müssen sterben. Spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, an denen alle diese Zufluchten versagen. Dann wird es deutlich, dass sie falsche oder, ein wenig freundlicher ausgedrückt, vorläufige Zufluchten waren. Sie alle sind unsicher, weil sie unbeständig sind. Nichts davon können wir mitnehmen. Nichts davon macht das Sterben leichter.

Ob wir also wollen oder nicht — wir nehmen zwangsläufig zu irgendetwas Zuflucht. Je genauer wir uns dabei an der Realität orientieren, desto wahrscheinlicher werden wir auch ‚erfolgreich’ sein. Falsche Zufluchten sind falsche Lebensprioritäten. Sie sind falsch, weil sie uns nicht wirklich das dauerhafte und zutiefst befriedigende Glück spenden, das wir von ihnen erhoffen. Die buddhistische Überlieferung fasst sie unter acht Überschriften zusammen, die als vier Gegensatzpaare gruppiert werden: Gewinn und Verlust, gesellschaftliche Anerkennung und Missachtung, Vergnügen und Leiden, Lob und Tadel. Keine der hier angesprochenen Erfahrungen ist für sich genommen gut oder schlecht. Der Buddha behauptet weder, dass Armut spirituell heilsam sei, er behautet aber auch nicht dass sie unter allen Umständen schlecht ist. Es kommt einfach darauf an. Zum Problem werden diese Erfahrungen und unsere an sie geknüpften Sorgen — die ‚weltlichen Winde’, wie sie auch genannt werden —, wenn wir sie zu wichtig nehmen und in ihrer Erfüllung beziehungsweise Vermeidung letzte Sicherheit suchen. Wenn überhaupt, dann gewähren sie bestenfalls ein vorläufiges Glück. Erwarten wir aber mehr von ihnen, dann werden wir leiden. Und genau das passiert den meisten Menschen. Solches Lei-den ist selbst gemacht, und meistens zieht es andere Menschen mit in den Strudel.

Die einzig sichere Zuflucht ist Erleuchtung — direktes Schauen der Dinge, wie sie sind und Leben im Einklang mit dieser Erfahrung. Erleuchtete leben ihr Leben in vollen Zügen, aber ohne jegliche geistige Verwirrung, Vorurteile und trügerische Hoffnungen. So lange wir selbst nicht erleuchtet sind, brauchen wir den Schutz der drei Juwelen. Wir brauchen eine wirkliche Herzensverbindung mit dem Buddha, seinem Dharma und Sangha, wenn uns an Sinn, Bedeutung und Sicherheit gelegen ist. Nur auf dem Hintergrund einer solchen Verankerung in der Realität können unsere übrigen Wünsche und Sorgen ihren angemessenen Platz finden. Sie werden nicht mehr zu falschen Zufluchten. Dann können wir uns an unserer Familie, am Beruf und den materiellen Möglichkeiten freuen ... und sie mit heiterer Dankbarkeit loslassen, wenn unsere Zeit zum Sterben gekommen ist. Wir erwarten nur noch das von ihnen, was sie tatsächlich geben können.