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Die geistigen Wurzeln des Leidens

Die Wurzeln des Leidens sind gewissermaßen der Motor von Samsara. Samsara ist kein Ort und keine ,Welt', sondern eine Art und Weise zu sein: Entweder samsarisieren wir oder eben nicht. Ob und mit welchen konkreten Auswirkungen wir samsarisieren, hängt von unseren Anschauungen und Intentionen ab und nicht etwa davon, wie wir uns gerne sehen würden. Den Ausschlag geben die Haltungen und Motivationen, die in unserem Leben orientierend und antreibend wirken. Wenn diese Haltungen mit geistiger Verblendung einhergehen, führen sie zu Leiden.

Damit kommen wir zu drei zentralen und nicht besonders erfreulichen Behauptungen des Buddhadharma: Nicht-erleuchtetes Leben wird vorwiegend von drei Geistestrübungen bedingt, den drei klesa. Dieser Begriff wird unterschiedlich als ,Geistesgifte', ,Plagen', ,Leidenschaften' oder ,Befleckungen' übersetzt. Die drei wichtigsten klesa sind Verblendung, Begierde und Abneigung. Diese Worte geben die originale Bedeutung in den Sprachen Pali und Sanskrit zwar ziemlich gut wieder, doch klingen sie für uns wahrscheinlich auf eine Weise moralisierend, die es schwer machen kann zu verstehen, was eigentlich mit ihnen gemeint ist.

Nach einer tibetischen Quelle

ist Begierde `ein sehnendes Verlangen, sinnlich wahrnehmbare Gegenstände, die wir mögen, zu besitzen und sie in unsere Ich-Identität einzuschließen, weil wir hoffen, eine Art Sicherheit daraus zu erlangen, dass wir sie »als Teil von uns selbst haben«'. Abneigung wird definiert als `furchtsame und ärgerliche Zurückweisung, um sinnlich wahrnehmbare Dinge, die wir missachten, loszuwerden und sie aus unserer Ich-Identität auszuschließen, weil wir hoffen, eine Art Sicherheit daraus zu erlangen, dass wir sie »nicht als Teil von uns selbst haben«'. Wie aus diesen Definitionen deutlich wird, ist das eine das Gegenteil des anderen. Verblendung schließlich wird umschrieben als `eine störrische Verschlossenheit, irgendetwas zu lernen, von dem man spürt, dass es die Ich-Identität bedrohen und das Sicherheitsgefühl aufstören könnte, das man mittels der Ich-Identität anstrebt; da man sich dessen aber nicht bewusst ist, glaubt man, sie schützen zu müssen' Obwohl diese drei Definitionen verhältnismäßig kurz sind, sind sie doch ziemlich tiefgründig und weit reichend.

(Sangharakshita) ***

Verblendung gilt als die grundlegende Geistestrübung. Sie zeigt sich darin, dass wir unsere Sinneseindrücke und Empfindungen ,verdinglichen', obwohl sie doch eigentlich sich ständig wandelnde Prozesse sind. Das heißt: In unserer Vorstellung destillieren wir aus den Inhalten unserer Wahrnehmung objektiv und für sich bestehende Dinge, denen wir ein eigenes Sein und Wesen zuschreiben. Dieser Vorgang beruht zunächst einmal darauf, dass die relative Kontinuität unserer mentalen Prozesse uns zu dem Fehlschluss verleitet, es müsse auch ein Ich oder Subjekt geben, das all diese Prozesse erfährt. Auf diese Weise konstruieren wir eine radikale Trennung zwischen ,Ich' und ,Anderem', für die es in Wirklichkeit keine Entsprechung gibt. Indem wir uns nun selbst mit den körperlichen Empfindungen samt begleitenden Gefühlen und Wünschen identifizieren, verfestigt sich das Anhaften an ,Ich' und ,Mein' und in der Folge an allem, das wir als förderlich für unser Wohl ansehen. Das sind die Dinge, die wir begehren und festhalten wollen. Abneigung oder Hass kommt auf, wenn wir den Eindruck gewinnen, dass bestimmte Dinge oder Personen (die wir ja selbst ,erfunden' haben) unser Glück mindern oder unser Leiden verstärken. In diesem Sinn erwachsen Begehren und Ablehnen aus dem anfänglichen Fehler der verblendeten Verdinglichung unserer unmittelbaren Erfahrung und sind insofern Ableitungen aus der grundlegenden Geistestrübung Verblendung. (Damit wird übrigens nicht etwa behauptet, dass es außerhalb der Konstrukte unserer Vorstellungen nichts gibt. Es wird nur gesagt, dass das, was wir für real existierende Objekte halten, sich nicht von unseren begrifflichen Vorstellungen trennen lässt. Alles, was wir für wahr und objektiv halten, trägt die Spuren unserer Subjektivität in sich. Nirgends in unserer Erfahrung können wir etwas als etwas rein Objektives bestimmen.)

Natürlich gibt es äußere Einflüsse und Bedingungen, die zum Leiden betragen. Das wird vom Buddha nicht geleugnet. Nur: Ähnlich wie im Fall des Glücks fordert er uns auf, auch die inneren, geistigen Wurzeln des Leidens anzuerkennen. Diese können wir beeinflussen, während unsere Kontrolle über die äußeren außerordentlich gering ist. Wer die inneren Bedingungen des Leidens ignoriert, verfällt wahrscheinlich in eine apathische Haltung zu glauben, dass man sich prinzipiell nicht ändern kann und Leiden zwangsläufig und unvermeidlich ist.

Ironischerweise fixiert man sich aber, wenn die Hoffnung auf eine innere Quelle des Wohlseins zerstört ist, immer mehr darauf, die Umwelt so zu manipulieren, dass sie einen vor Leiden schützt und Freude gewährt. Genau das führt allerdings nur zu leicht zur Zerstörung eben jener Umwelt, die man doch zu kontrollieren versucht.

(Alan Wallace)***